Priv.-Doz. DDr. Nikolaus Lang über Ursachen, Diagnose und Behandlung
Die Ruptur des vorderen Kreuzbands (VKB) ist eine der häufigsten Verletzungen bei jungen Athleten und tritt vor allem bei Sportarten wie Skifahren, Fußball, Handball, Volleyball, American Football etc. auf. Sportlerinnen sind bis zu 3-mal häufiger davon betroffen als Männer.
Das vordere Kreuzband stabilisiert das Kniegelenk und verhindert einerseits eine vermehrte Translation sowie andererseits eine Rotation des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel.
Ursachen einer vorderen Kreuzbandruptur
Meistens treten vordere Kreuzbandrupturen bei Kombinationsbewegungen aus Rotations– und Biegekräften im Sinne einer X-Bein-Stellung auf. Durch diesen komplexen Verletzungsmechanismus kommt es häufig zu Begleitverletzungen, wie Meniskus- und Seitenbandläsionen („Unhappy Triad“).
Aber auch Trabekelbrüche (Brüche der inneren Knochenstruktur) im Schienbeinkopf, Knorpelschäden oder Verletzungen des hinteren Kreuzbands können im schlimmsten Fall hinzukommen.
Diagnostik
Initial tritt ein blutiger Gelenkserguss auf, welcher nach 7-14 Tagen in den meisten Fällen wieder abnimmt. Starker Schmerz sowie eine deutliche Bewegungseinschränkung stehen im Vordergrund.
Zuerst erfolgt eine klinische Diagnostik mittels Stabilitätstests, um das Ausmaß der Verletzungen oder weitere Begleitverletzungen einzuschränken. Ein normales Röntgen sollte zum Ausschluss von Frakturen gemacht werden. Um die Diagnose zu sichern und weitere Schäden im Knie zu detektieren, muss unbedingt ein MRT gemacht werden.
Behandlung
Die Erstversorgung erfolgt nach dem PECH-Schema: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Je nach Begleitverletzung muss eine Knieorthese getragen werden, um das Knie zu stabilisieren.
Isolierte vordere Kreuzbandrupturen, eventuell auch in Kombination mit Seitenbandzerrungen, können einem konservativen Therapieversuch zugeführt werden. Treten jedoch Begleitverletzungen wie Meniskus- und Knorpelverletzungen auf, sollte eine operative Behandlung durchgeführt werden, um eine weitere Schädigung des Knies aufzuhalten.
Sollte bei einem konservativen Therapieversuch trotz intensiver Physiotherapie (Einzelheilgymnastik mit Stabilitätstraining) eine Instabilität im Knie vor allem beim Sport und im Alltag weiterhin bestehen, ist ebenfalls eine operative Sanierung indiziert.
Goldstandard bei der operativen Therapie ist der Ersatz des rupturierten vorderen Kreuzbands mittels einer körpereigenen Sehne (Semitendinosus oder einem Teil der Quadriceps sowie Patellasehne).
In ausgewählten Fällen und bei frischen Rupturen gelingt es auch, das vordere Kreuzband wieder zu refixieren. Im Falle einer Reruptur kann auch ein Leichentransplantat verwendet werden.
Die Operationen werden arthroskopisch minimal invasiv durchgeführt, wobei auch Begleitverletzungen optimal behandelt werden können.
Danach
Der Krankenhausaufenthalt beträgt 2-3 Tage, die Nähte werden nach 14 Tagen entfernt. Je nach Befund ist der Patient 4-6 Wochen mit Krücken unterwegs. Bei Begleitverletzungen ist teilweise das Tragen einer Knieorthese für 6 Wochen notwendig.
Die Physiotherapie muss postoperativ sofort beginnen und wird dem Heilungsprozess angepasst.
Nach etwa 6-8 Wochen ist Betroffenen das Ergometer bzw. Fahrradfahren erlaubt, lockeres Laufen nach 3-4 Monaten. Die volle Rückkehr zum Sport ist frühestens nach 8-9 Monaten möglich.